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Jene, die sich schon intensiver mit der Frage nach einem neuen ERP auseinander gesetzt haben, sind wahrscheinlich schon auf die zwei Varianten der S/4HANA Cloud gestoßen. Hier gibt es einerseits die S/4HANA Public Cloud als reine Software-as-a-Service Lösung sowie die S/4HANA Cloud Private Edition. In diesem Blog wollen wir auf die wesentlichen Unterschiede eingehen, damit Sie entscheiden können, welche Variante mehr Vorteile für Sie bringt.

Der offensichtliche unterschied – das betriebsmodell

S/4HANA Cloud Private Edition ähnelt im Betrieb einem klassischen On-Premises-System im Outsourcing. Die IT-Infrastruktur ist voll in der Verantwortung des Service-Providers und nicht nach außen sichtbar. Erst ab der Ebene des Betriebssystems gibt es Transparenz im Hinblick auf definierte SLA’s oder kritische Events. Das Application sowie das Business Process Management obliegt allein dem Kunden.

Hingegen ist die S/4HANA Public Cloud eine reine Software-as-a-Service Lösung. Dies bedeutet, dass Kunden nur den Zugriff auf die Software mit definierten SLA’s haben, jedoch kein Mitspracherecht in Bezug auf die IT-Infrastruktur oder das System Management. Dies ist für Unternehmen interessant, die dieses Know-How nicht im eigenen Unternehmen aufbauen oder vorhalten wollen.

 

… und das hat auch auswirkungen auf den systemzugriff?

Ja, die beiden Cloud-Versionen unterscheiden sich in der Anbindung in die eigene Unternehmenslandschaft. S/4HANA Cloud Private Edition verfügt über eine dedizierte Kundenumgebung (single tenant) und liegt – wie der Name schon sagt – in einem ‚Private Network‘, das durch eine Firewall geschützt ist. Die Systeme können nach Kundenwunsch bei einem der bekannten Hyperscaler (Microsoft, AWS, Google, Alibaba ..) gehosted werden.

Die S/4HANA Public Cloud hingegen liegt in einem ‚Public Network‘ auf einem Multimandantensystem (multi tenant). Trotz des irreführenden Namens können natürlich nur berechtigte Anwender auf das System zugreifen. Der Grad der Sicherheitsstufen kann dabei selbst festgelegt werden (Multifaktorauthentifizierung). Das Hosting erfolgt Stand heute in einem der SAP-Rechenzentren.

flexibilität in der anpassung

In beiden Varianten sind kundenspezifische Anforderungen umsetzbar. Bei S/4HANA Public Cloud wird der Grundsatz ‚Keep the core clean’ auch technisch unterstützt, d.h. dass die Programmierung entweder eingeschränkt als ‚In-App-Extensibility‘ direkt im System oder als ‚Side-By-Side-Extension‘ auf der SAP Business Technology Platform umgesetzt werden kann. Seit 2022 gibt es mit ‚Embedded Steampunk‘ eine weitere Entwicklungsmöglichkeit direkt auf dem S/4HANA Public Cloud System. Die Eigenentwicklungen interagieren mit dem Core über freigegebene APIs oder Extension Points und halten somit das System jederzeit upgradefähig.

Quelle: https://blogs.sap.com/2021/09/30/steampunk-is-going-all-in/

In der Private Edition können wie bisher beliebig komplexe Programmierungen bis hin zu Änderungen des SAP Source Codes (Modifikation) umgesetzt werden. Diese Flexibilität sollte im Sinne der Wartbarkeit aber kritisch betrachtet werden.

Für alle aus dem SAP-Freundeskreis: Das Customizing wird in der Public Cloud nicht mehr über den IMG, sondern über die ‚Central Business Configuration‘ (CBC) durchgeführt – diese soll zu einer einheitlichen Customizing-Umgebung für SAP-Cloud-Produkte werden.

wie schnell kann ich von funktionserweiterungen profitieren?

Kurz gesagt: Durch die Standardisierung des ERP-Core bei der S/4HANA Public Cloud ist es technisch einfacher, Kunden mit den neuesten Funktionen zu versorgen. Somit ist eine SaaS-Lösung mit den verpflichtenden Upgrades per Definition näher an den neuesten Entwicklungen.

Folgende Tabelle gibt einen guten Überblick über die beiden Produkte:

 

Interessant, aber was ist das beste für mich?

Eine ERP-Auswahl ist immer von vielen Variablen abhängig. SAP-Bestandskunden mit Zielrichtung einer Brownfield-Migration (Upgrade von einer ECC-Umgebung auf S/4HANA) oder einer ‚Selective Data Transition‘-Migration (Zusammenführen mehrerer Systeme in ein neues S/4HANA System) werden eher in die Private Edition migrieren, da hierbei bestehendes Coding mitgenommen werden kann. Alle Kunden, die einen Greenfield-Ansatz (also eine Neueinführung) von SAP oder Non-SAP-System anstreben, tendieren eher zum Public Cloud Ansatz.

Ein weiteres Kriterium ist die Notwendigkeit der branchenspezifischen Ausprägung des ERP-Systems. S/4HANA Cloud Private Edition profitiert von den umfangreichen Industry Solutions, die im Laufe der letzten Jahre oder Jahrzehnte entwickelt wurden. Die S/4HANA Public Cloud hatte seinen Fokus zu Beginn auf Finance-led oder Service-centric Industries gelegt, das Portfolio wurde aber zunehmend erweitert. Eine Aussage, ob Ihre Prozesse in der Public Cloud verfügbar sind, erhalten Sie im Auswahlprozess u.a. über das Digital Discovery Assessement Tool (siehe hierzu unseren Blogartikel).

Sollten Sie den Wunsch nach einer geringstmöglichen Komplexität im Betrieb und vergleichbar niedrigsten TCO haben – Stichwort ‚ERP aus der Steckdose‘ – kann S/4HANA Public Cloud als reine SaaS-Lösung punkten. Wenn Sie mehr Selbstbestimmung in Bezug auf Upgrades, Systemverantwortung und  Eigenprogrammierung möchten und auch die entsprechenden Ressourcen intern nutzen können, ist die Private Edition eine interessante Option.

Wir unterstützen Sie gerne bei einer Auswahl auf Basis Ihrer Anforderungen.

 

Über den Autor

Michael Perfler, Managing Director Phoron.Cloud

Als „Cloudianer“ der ersten Stunde ist Michael begeisterter Berater und Umsetzer des Cloud-ERP von SAP.

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